NSU TT - Stromprinz

 Quelle: sp-x | vogel verlag kfz.betrieb online | 
für MCB recherchiert und angepasst von Helmut Faforke 
| Autor: Steffen Dominsky |Lesedauer: 3 min |

Einen sogenannten Resto-Mod der ganz besonderen Art haben unlängst Audi-Azubis anlässlich des 150-jährigen Jubiläums am Audi‑Standort Neckarsulm 

auf die Beine bzw. Räder gestellt. Einem NSU-Prinz 4L 1000 von 1971 implantierten sie Etron- und Q7-Komponenten.
(Bild: Audi AG)

Der Wagen fristete stillgelegt bis Januar 2023, über viele Jahre einen Dornröschenschlaf. Ihn haben die Azubis zum einen wachgeküsst, zum anderen mit einem dem Zeitgeist entsprechenden Antrieb ausgestattet. „Als wir das Auto bekommen haben, hatte die Karosserie mehrere Roststellen. Diese haben wir als Erstes in Ordnung gebracht“, erinnert sich ein Auszubildender zum Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker bei Audi. Und während sich die angehenden Karosserie- und Lack-Fachleute um das Chassis und die Außenhaut des Klassikers kümmerten, knüpften sich die künftigen Kfz-Mechatroniker Antrieb, Batterie und Fahrwerk vor.
Im Heck des „Prinzen“, wo früher ein Zweizylinder-Benziner mit 30 PS (22 kW) seine Arbeit verrichtete, befindet sich nun eine E-Maschine mit 240 PS (176 kW). Sie stammt aus einem Audi E-Tron von 2020. Gespeist wird die Maschine von einer Batterie aus dem Plug-in-Hybrid Audi Q7 TFSI E Quattro mit 17,3-kWh-Kapazität. Diese sitzt unter der Fronthaube, wo der NSU Prinz einst seinen Kraftstofftank hatte. Kühlende Luft atmet der Schnellstromer durch einen breiten Lufteinlass unten in der Stoßstange ein und durch eine üppig dimensionierte Öffnung in der Fronthaube wieder aus. Auch die Heckklappe verbessert die Kühlung und lässt sich in halb geöffneter Position befestigen. So offenbart sie nicht nur die elektrische Kraftzentrale, sondern erinnert auch an historische Rennfahrzeuge auf Basis des sportlichen NSU Prinz1000 TT/TTS. Wo damals meist eine Reihe offener Vergasertrichter die sportlichen Intentionen dieser Autos verriet, ist beim EP4 heute die E-Maschine zu sehen.

Fahrwerkstechnischer Unterbau vom A1

Für die Azubis und deren Ausbilder war klar: Dass ihr EP4 sein Leben als NSU Prinz begann, sollte er zu Recht zeigen. Zu den historischen Merkmalen gehören deshalb nicht nur die Front- und Heckleuchten. Die Karosserie aus den Siebzigerjahren behielt auch ihrec harakteristische Schulter- und Dachlinie. Die Azubis befreiten das Blechkleid von Rost und lackierten es in den Audi-Farben Suzukagrau und Brilliantschwarz. Auf der Seite des Fahrzeugs sind Akzente wie der Jubiläumsschriftzug „150“ aufgebracht.
Der große Leistungssprung erforderte umfangreiche Veränderungen am und unter dem Blech. Ein modifizierter Unterbau aus einem Audi A1 inklusive Bremsen und Achsen bildet die Basis. Ihm haben die Azubis die umfassend modifizierte und deutlich verbreiterte Karosserie aufgesetzt. Unübersehbar sind die voluminösen Kotflügel. Diese haben die Azubis mit Unterstützung des Audi Designs entworfen und per 3D-Druck Realität werden lassen. Unter ihnen finden breite Räder samt moderner Performance-Reifen Platz, die fürs Beschleunigen und sportliche Kurvenfahrt den nötigen Grip bieten.

Das Interieur: Rennsportlich und minimalistisch

„Das Auge fährt mit! Wir wollten daher, dass man dem EP4 seine Performance aus jedem Blickwinkel ansieht“, erläutert Cynthia Huster, Auszubildende zur Lackiererin. Dafür steht insbesondere der in Signalgelb lackierte Heckflügel. Die Besonderheit: Er ist nicht wie bei anderen Fahrzeugen an der Außenhaut, sondern am Überrollkäfig befestigt. Seine Stützen gehen daher durch die Heckscheibe. Im Innenraum setzt der Überrollkäfig in der Farbe Signalgelb Akzente. Abgesehen davon geht es motorsporttypisch reduziert zu: Alle anderen lackierten Oberflächen im Inneren sind schwarz. Die Insassen nehmen auf Sitzen des Typs „Recaro Podium“ Platz.
Die Aufgabe der Instrumente und Anzeigen übernimmt ein Einplatinencomputer samt dazugehörigem Bildschirm. Zugleich dient er als Tacho und Bordcomputer des Fahrzeugs und übernimmt Diagnoseaufgaben. Bei allen Arbeitsschritten setzten die Azubis das in der Ausbildung erworbene Wissen praktisch ein. Timo Engler, Leiter Ausbildung Fahrzeugtechnik/Logistik, erläutert: „Das Projekt gibt unseren Auszubildenden die Chance, ganz frei mit verschiedenen Techniken und Materialien zu arbeiten.“ So brachten sie neben dem Elektroantrieb mit dem 3D-Druck eine zweite Zukunftstechnologie zum Einsatz. Hinzukam Carbonfaser – bekannt aus dem Motorsport – für die Frontklappe.