Will die Politik das H-Kennzeichen abschaffen?

Der Bundesrechnungshof übt Kritik an der steuerlichen Behandlung von Oldtimern – nun springen auch Parteien  auf diesen „Zug“ auf. Die Rede ist von „Subventionierung älterer Alltagsfahrzeuge“. Ein Mitglied des  Parlamentskreises "Automobiles Kulturgut" hält dagegen.

„Immer mehr Oldtimer-Kennzeichen für Alltagsfahrzeuge: hoher Steuerverzicht und Schadstoffbelastung“ – mit dieser Überschrift kritisierte der Bundesrechnungshof (BRH) im Mai 2023 die pauschale Besteuerung von Fahrzeugen mit H-Kennzeichen. Zitat aus der BRH-Bemerkung Nr. 36: „Die rasante Zunahme auf fast 400.000 steuerlich begünstigte Fahrzeuge führt dazu, dass die jährlichen Einnahmen bei der Kraftfahrzeugsteuer um 170 Millionen Euro geringer ausfallen. Der Bundesrechnungshof hält es für zwingend erforderlich, die Fehlentwicklungen zu beseitigen.“ 

Die Aussagen des BRH wurden scharf kritisiert, unter anderem von Carsten Müller, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Parlamentskreises Automobiles Kulturgut im Deutschen Bundestag (PAK). Trotzdem griff Dr. Sebastian Schäfer (Grüne), Obmann im Haushaltsausschuss, die Bemerkung Nr. 36 auf. Seine von der Pressestelle der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag bestätigte Aussage lautet: „Wir unterstützen die Analyse des Rechnungshofs, die steuerliche Subventionierung von älteren Alltagsfahrzeugen zu reduzieren. Dazu werden wir zunächst Gespräche innerhalb der Koalition führen.“

Carsten Müller erwidert: „Von einem Finanzpolitiker erwarte ich, dass er die Fakten und Ausführungen, vor allem im Bereich der Besteuerung, auf Plausibilität prüft. Dabei wäre schnell aufgefallen, dass die Ausführungen des Berichts nicht belastbar sind.“ Ein in der Presse angeführtes Beispiel verdeutliche die Kenntnislosigkeit in diesem Kontext. Das verwendete Beispiel eines durchschnittlichen und damals handelsüblichen 1993er VW Passat würde in der regulären Fahrzeugbesteuerung günstiger besteuert, als der Pauschalbetrag bei einer Zulassung mittels H-Kennzeichen beträgt, rechnet Müller vor.
Tatsächlich schrumpft der Anteil von Fahrzeugen mit H-Kennzeichen an den Fahrzeugen älter als 30 Jahre. Hintergrund des Schrumpfens sind die Schadstoffklassen jüngerer Oldtimer, die für eine günstigere Kfz-Steuer als mit H-Kennzeichen sorgen. In der Folge verzichten viele Oldtimerbesitzer auf das H-Kennzeichen. Dieser Tatsache sind sich offenbar weder der Bundesrechnungshof noch die Grünen bewusst.
Deshalb spielt es auch keine Rolle, dass eine nicht bekannte und wohl auch nicht erfassbare Zahl an Besitzern ihren Oldtimer mit H-Kennzeichen als Alltags-fahrzeug nutzt. So oder so –sie zahlen häufig mehr Kfz-Steuern als notwendig, Tendenz steigend. Das heißt: Würden sich die Grünen in der Regierungskoalition mit ihrer Initiative durchsetzen und vermeintliche Alltagsfahrzeuge von der Vergabe des H-Kennzeichens ausschließen, wären nicht höhere, sondern niedrigere Kfz-Steuer-Einnahmen die Folge.